www.radonmaster.de/robernd/    Stand: 04. Jan 2006

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Alte PCM-Aufzeichnungen von Videokassetten retten (diese Seite ist noch im Entstehen)

Wer schon Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts seine Musik digital aufgezeichnen wollte, hat sich einen sogenannten PCM-Processor gekauft. Zusammen mit einem Videorecorder ließen sich Aufzeichnungen auf Videocassetten machen. Die technischen Details entsprechen der Compact Disk, nur war es eben eine Magnetbandaufzeichnung.
Welche Bedeutung hatte dieses Verfahren? Wie funktioniert es? Kann man alte Aufzeichnungen auf neue Medien hinüber retten?


Bedeutung des des Verfahrens

Man fragt sich, wie wohl die ersten CDs zustande gekommen sind. Womit wurde der Ton aufgezeichnet? Digitale Tonbadgeräte gab es nur wenige, und die waren sehr teuer. Trotzdem gab es eine Sorte preisgünstige Aufzeichnungsgeräte, die auch die nötige Bandbreite für Digital-Audio besaßen. Das waren Videorecorder, professionelle oder Amateur-Versionen. Genau diese Geräte wurden umfunktioniert zur digitalen Tonaufnahme. Um Missverständnissen vorzubeugen, der digitale Ton befindet sich auf der Videospur.
Es etablierte sich der japanische EIAJ-PCM-Standard (Electronic Industries Association of Japan, 1979), der praktisch die Basis aller alten CD-Produktionen wurde. Der Standard ist ganz eng an die Fernsehnorm angelehnt.


Funktion eines PCM-Processors

Wir haben also bereits einen preisgünstigen Videorecorder. Jetzt brauchen wir nur noch Analog/Digital-Wandler und einen Signalprozessor, der die Sammlung von Audio-Bits in Form eines Fernsehbildes anordnet. Und fertig. Dieses Gerät (A/D-Wandler mit Prozessor) nennt man PCM-Processor oder PCM-Adapter, weil er die Audioinformation in eine Pulse Code Modulation umsetzt. Ja tatsächlich, man kann an so einen PCM-Processor einen Fernsehapparat anschließen, und man sieht ein Bild. Ein Bild aus vielen schwarzen und weißen Pünktchen. Man sieht den Ton Bit für Bit. (Foto).

Der wohl bekannteste semi-professionelle PCM-Processor ist der PCM-F1 von Sony. Einzelheiten dieses Gerätes sind hier beschrieben: www.theimann.com/Analog/Sony_PCM_F1/HiFi.html Kurz darauf erschienen weitere Prozessoren, die auch für Hobby-Tonbandler erschwinglich waren. Sonys PCM-501, PCM-601 und PCM-701. Mein PCM-501ES hat im Jahr 1984 um die 1500 DM (750 EUR) gekostet. Damit war er billiger als ein besseres Spulen-Tonbandgerät. Anders als analoge Tonbandgeräte kann er auch digitale Kopien anfertigen (von einem Videorecorder zu einem zweiten) ohne jeden Qualitätsverlust. Ein neues Zeitalter hatte begonnen.

Die Abtastrate (Sample Frequenz) des Tonsignals beträgt 44.1 kHz, eine Frequenz, die bis heute erhalten geblieben ist. Dieser krumme Wert ergibt sich durch die Fernsehnormen. Wenn man die Bit-Frequenz (44.1 kHz x 32 = 1411.2 kHz) durch 90 teilt, kommt gerade die TV-Zeilenfrequenz von 15680 Hz heraus, ein Kompromiss zwischen der europäischen Norm (15625 Hz) und der amerikanisch-japanischen (15750 Hz). Theoretisch lässt sich mit einer Abtastrate von 44 kHz eine maximale Audiofrequenz von 22 kHz übertragen. Allerdings muss man das Analogsignal vorher so aufbereiten, dass kein Signalanteil über 22 kHz vorhanden ist. Die obere Grenzfrequenz dieser Medien beträgt in der Praxis 20 kHz. Dafür ist eine recht aufwändige und teure Filterschaltung erforderlich, die Töne mit 20 kHz ungeschwächt passieren lässt aber 22 kHz vollständig unterdrückt. Genau den gleichen Frequenzgang braucht man auch für die Wiedergabe, also die Rekonstruktion eines analogen Audiosignals aus dem Pulse Code. Bei neueren Digital-Audio Standards (DAT, DVD) war man nicht länger an die TV-Norm gebunden. Deshalb hat man sich für höhere Abtastraten entschieden (48 kHz und auch 96 kHz auf der DVD). Die Filter durften einfacher werden. Es reicht aus, wenn erst 24 kHz vollständig unterdrückt werden.


Das Rettungsgerät

Ich weiß nicht, wie viele alte Tonbandfreunde noch Videokasseten mit lieb gewordenen PCM-Audioaufzeichnungen im Schrank stehen haben. Es dürften aber einige sein. Solange es der PCM-Processor nocht tut, und die alten Kassetten noch halten, lassen sich die Bänder abspielen. Die nötigen Videorecorder (in meinem Fall VHS) lassen sich ersetzen, weil sie noch immer hergestellt werden. Durch (verlustloses) Umkopieren lassen sich auch die VHS-Kassetten durch neue ersetzen. Was aber geschieht nach dem Tod des Prozessors?

Die alten Aufzeichnungen müssen also irgendwie auf neue Medien hinüber geretten werden, im Idealfall auf CDs. Natürlich digital und ohne Qualitätsverlust. Das ist gar nicht so einfach, weil zumindest meinem PCM-501 jeglicher digitale Audioausgang fehlt. Also muss man basteln oder einfach einen PCM-601 kaufen. Der PCM-601 hat im Gegensatz zu allen seinen Kollegen digitale S/PDIF Ein- und Ausgänge (koaxial). Der Grund, warum gerade dieses Gerät so begehrt ist. Nur leider gibt es davon nicht viele. Auf zehn gebraucht abgebotene PCM-501/701 bei Ebay kommt höchstens ein PCM-601. Ich hatte das Glück, einen zu ergattern.

Wer nicht zu den Glücklichen zählt, muss selbst basteln. Vor einigen Jahren war das recht weit verbreitet. Die englische Firma Whistlewood hatte eine Nachrüstplatine angeboten, die sich in die meisten PCM-Processoren einbauen ließ. Inzwischen gibt es diese Fa. leider nicht mehr. Es ist nur noch ein alter Link übrig geblieben, der uns das mitteilt (Jan. 2006): www.whistlewood.co.uk
Für Bastler mit viel Sachkenntnis gibt es theoretisch noch die Möglichkeit, innerhalb der Geräte digitale Signale abzugreifen und irgendwie einem PC zuzuführen. Die Audioinformationen wandern durch einen 3-Draht-Bus, den die meisten digital-Audi-ICs akzeptieren: DATA(seriell), DATA-CLOCK und WORD-CLOCK. Dafür ist das Schaltbild erforderlich. Zumindest von den Sony-Geräten ist es bei www.schaltungsdienst.de zu haben.

Vielleicht hilft auch abwarten. Wenn ich alle meine PCM-Kassetten überspielt habe, will ich den PCM-601 wieder verkaufen, damit Leidensgenossen ihn auch noch nutzen können. Ob er wohl auf diese Weise während seiner alten Tage noch eine Rundreise durch Europa macht?


Die Rettungsaktion

Um es vorweg zu nehmen. Meine alten VHS-Kassetten aus der Zeit von 1984 bis 1992 funktionieren noch bestens. Damals hatte ich ganz spezielle Chargen ausgesucht. Kein High-Grade-Band sondern einfache Sorten mit möglichst wenigen Aussetzern. Die wenigsten Aussetzer hatten übrigens die ganz einfachen Sony-Typen. Auch den alten Videorecorder, der die Aufzeichnungen gemacht hatte, habe ich vorsorglich aufbewahrt.

Das Überspielen auf DAT-Band funktioniert absolut reibungslos: Billiges Cinch-Kabel zwischen PCM-Processor und DAT-Recorder gesteckt, und Start. Nur stehen DAT-Kassetten auch bereits auf der Liste der aussterbenden Spezies. Sie müssten eigentlich also auch sofort kopiert werden. Also ist es am günstigsten, die Daten via S/PDIF gleich in den PC zu übernehmen. Gesagt, getan. Und damit hat man das erste Problem.

Fast alle PCM-Processoren verwenden eine sogenannte Pre-Emphasis. Hohe Töne so zwischen 3 kHz und 20 kHz werden um bis zu 10 dB angehoben. Erfreulicher Weise gibt es genau die gleiche Pre-Emphasis auch bei einigen CDs (auch neuen) und DAT-Aufzeichnungen. Sie ist durch ein spezielles Bit im Datenstrom markiert, und veranlasst das Wiedergabegerät, ein entsprechendes De-Emphasis Filter (Höhenabsenkung) einzuschalten. Bei DAT-Aufzeichnungen ist das kein Problem. Bei der Übernahme in einen externen CD-Recorder (stand-alone-Version) geht es wahrscheinlich auch gut. Aber bei der Übernahme in den PC geht das Bit verloren. Dort hat man in der Regel ein WAVE-File (xxx.wav). In diesem ist kein Pre-Emphasis-Bit vorgesehen. Die vom PC übernommenen Daten klingen deshalb viel zu schrill.
Prinzipiell muss man dem CD-Brennprogramm für jedes WAVE-File individuell sagen, dass es das Pre-Emphasis Bit setzen soll. Bei alten Programmen gab es diese Option, bei neueren ist sie leider verschwunden. Das gleiche Problem hat man übrigens auch, wenn man von einer CD mit Pre-Emphasis einzelne Titel als xxx.wav in den Rechner übernimmt.

Was also tun? Entweder ein besser geeignetes Brennprogramm suchen, oder die nötige Filterung (Höhenabsenkung) im PC mit Software ausführen. Ich habe mich für die zweite Möglichkeit entschieden, damit ich bei neueren Zusammenstellungen alter Musik das Problem endgültig los bin. Wie das geht, habe ich auf Audio Filter beschrieben. Nach der Filterung ist der Datenstrom natürlich nicht mehr so richtig original. Außerdem muss man ihn auf mehrere CDs aufteilen, weil nur 80 min Musik auf eine passen. Eine VHS-Kassette läuft immerhin drei Stunden lang. Deshalb archiviere ich alle originalen WAVE-Files zusätzlich auf einer DVD.

Prinzipiell kann man drei Stunden unkomprimiertes Audio auch an einem Stück von einer DVD abspielen. Dafür muss man eine Foto-Show mit nur einem Bild (das entsprechend lange steht) erzeugen und mit PCM-Ton unterlegen.
Auf der DVD muss der Ton allerdings eine Abtastrate von 48 kHz haben statt der 44.1 kHz der original-Daten. Es sind also vorher eine Sample-Rate-Wandlung und die De-Emphasis-Filterung nötig. In der Regel lässt sich das verschmerzen, weil die digitale Qualität auch mit dieser Manipulation noch weit besser ist als der vor langer Zeit einmal aufgezeichnete ursprünglich analoge Ton.

Gruß RoBernd
robernd@radonmaster.de

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